Selbstbewusstsein
Selbstvertrauen
Selbstwert
Selbstsicherheit
Die deutsche Sprache hat mehrere Wörter zur Verfügung, um zu beschreiben, was es uns ermöglicht, uns stark zu fühlen, stark aufzutreten und das zu bekommen, was wir wollen.
Aber was ist ein gutes Selbstbewusstsein eigentlich? Und ist es das Gleiche wie z.B. ein guter Selbstwert?
Es gibt ganz verschiedene Definitionen für Selbstbewusstsein, Selbstwert etc., es herrscht keine Einigkeit unter Psychologen, was man „eigentlich“ darunter versteht. Auch Philosophen haben sich Gedanken darüber gemacht und definieren das Konzept noch einmal anders. Einige Beispiele auf Wikipedia für Selbstbewusstsein (hier) oder Selbstwert (hier).
Grundsätzlich beziehen sich „Selbstwert“, „Selbstvertrauen“ und „Selbstbewusstsein“ eher auf innere Vorgänge, „Selbstsicherheit“ auf das Auftreten, das Verhalten. Dehalb benutze ich jetzt die „inneren Vorgänge“ Selbstwert, Selbstbewusstsein, Selbsvertrauen synonym.
Nebenbei bemerkt bedeutet das englische Wort „self consciousness“ gar nichts Positives, sondern beschreibt den Zustand, sich selbst unangenehmu bewusst zu sein, auf alles zu achten, was man tut, sich beobachtet und sich dabei eher unwohl zu fühlen. Psychologen nennen dieses Gefühl „Selbstaufmerksamkeit“.
Aber unabhängig von Definitionen haben wir alle eine Idee davon, was es heißt, selbstbewusst zu sein und selbstsicher aufzutreten. Und wir alle möchten das gerne.
Wer sich selbstbewusst fühlt, kann meist gelassen sein und damit selbstsicher wirken. Ist jemand, der selbstsicher auftritt im Umkehrschluss selbstbewusst?
Wir alle kennen diese aufgeblasenen Versicherungsvertreter, denen man erstens nie etwas abkaufen würde und denen man zweitens sofort ansieht, dass sie sich erbärmlich fühlen und alles tun, um das zu verbergen. Nicht selbstbewusst (und nicht sympathisch).
Was ist mit der Chefin, die einen Fehler offen zu gibt und sich entschuldigt? Wahrscheinlich selbstbewusst und selbstsicher (und sympathisch).
In letzter Zeit gibt es einige Hinweise aus der Psychotherapieforschung, die darauf hindeuten, dass unser Verhalten durchaus eine bedeutende Rolle für unsere Selbstwahrnehmung und auch für unser inneres Befinden spielt. Selbstsicher aufzutreten (nach außen) kann (sogar, wenn es nur gespielt ist) den eigenen Selbstwert steigern. Wenn nämlich positive Rückmeldungen kommen oder etwas Erwünschtes damit erreicht wird. Dann spürt man „so übel bin ich ja gar nicht“ und das steigert den Selbstwert (von innen).
Selbstbewusstsein ist übrigens etwas völlig anderes als Aggressivität. Wer selbstbewusst, selbstsicher, gelassen ist, kann freundlich – wenn nötig auch bestimmt – seine Meinung vertreten oder Forderungen stellen. Aber er/sie kann auch die Meinungen und Ansprüche anderer gelten lassen und sich auf Kompromisse einlassen.
Aber wo ist die Grenze zwischen
– einer positiven „Mutprobe“, das selbstsichere Auftreten einfach einmal auszuprobieren und gute Erfahrungen damit zu machen und
– einem aufgeblasenen, unsympathischen Auftritt, der andere abschreckt?
Auf den ersten Blick eine vage Grenze, aber eigentlich ist es klar. Man muss in sich hören und spüren, was einem selbst entspricht (auch wenn man dafür über die bisherige Komfortzone hinaus geht) und dem, was tatsächlich nur Maske ist. Man weiss es, wenn man ehrlich zu sich ist.
„Selbstbewusstsein“ (im deutschen Sinne) hingegen steht im Zentrum eines guten Lebensgefühls und eines guten Auftritts nach außen. Selbstsicherheit ist die Folge eines guten Selbstwertes, kann aber seinerseits auch dazu beitragen, dass der Selbstwert steigt.
Sich selbst zu kennen, sich auch mit seinen Untiefen und schwierigen Seiten anzunehmen und zu akzeptieren, dass man nicht perfekt ist (weit davon entfernt! Jedenfalls wenn „man“ ähnlich tickt wie ich), sich selbst bewusst zu sein, führt zu einer Gelassenheit, die es leicht macht, selbstsicher aufzutreten. Selbstbewusst wie die Chefin, die man mag und respektiert und nicht wie der Staubsaugervertreter, den man loswerden will.
Der Weg dahin? Ein Prozess, der für manche ganz leicht, für andere ziemlich schwierig sein kann. Die wenigsten haben nie mit Selbstwertproblemen zu kämpfen, aber natürlich gibt es unterschiedliche Grade und Ausprägungen. Und wie bei so vielem gibt es viele Wege zum Ziel – und es lohnt sich, ihn zu gehen:
– immer wieder das eigene Verhalten, die eigenen Reaktionen und Gefühle zu reflektieren
– Schwierigkeiten offen mit Vertrauenspersonen besprechen
– Volkshochschulen oder private Anbieter bieten Selbstsicherheitstrainings an (in guten Selbstsicherheitstrainings lernt man sinnvolles, konstruktives selbstsicheres Auftreten, das positiv nach innen wirkt und nicht die „Staubsaugerverkäufer-Maske“)
– individuelle professionelle Unterstützung (Coaching oder Psychotherapie)
– Bücher
Bücher zum Thema, die ich empfehlen kann:
So gewinnen Sie mehr Selbstvertrauen, Rolf Merkle, PAL-Verlag
Selbstzuwendung, Selbstakzeptanz, Selbstvertrauen. Psychotherapeutische Interventionen zum Aufbau von Selbstwertgefühl, Friederike Potreck-Rose und Gitta Jacob, Verlag Leben Lernen
Foto: Giulia Ciappa, Quelle: piqs.de
Diplom-Psychologin, Psychologische Psychotherapeutin. Mehr ...
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