Ist EMDR nur ein Hype?

Oder ist es wirklich hilfreich?

Ich bin vermutlich nicht objektiv bei der Beantwortung der Frage, ob EMDR nur ein Hype ist, oder ob es sich wirklich um eine hilfreiche psychotherapeutische Methode handelt. Schließlich arbeite ich seit vielen Jahren als EMDR-Therapeutin und auch als EMDR-Supervisorin und habe schon häufiger über das Thema geschrieben (hier, hier, hier und hier). Schon alleine die Menge der Posts zeigt, wie begeistert ich von der Methode bin. Und zwar deshalb, weil es wirklich eine tief gehende psychotherapeutische Methode ist, die weitreichende Veränderungen anstoßen kann.

Da ich schon so oft über EMDR geschrieben habe, beschreibe ich hier das „WIE“ der Methode nicht mehr (dazu lesen Sie bitte einen der oben genannten Beiträge). Trotzdem will ich hier mal wieder darüber schreiben, wie hilfreich EMDR ist. Außerdem will ich den Wirkmechanismus ein wenig erklären.

 

Warum EMDR so hilfreich ist

(und eben kein Hype)?

Noch sind sich die Wissenschaftler nicht völlig einig. Aber es scheint so zu sein, dass durch die Augenbewegungen oder andere so genannte „bilaterale Stimulationen“ (z.B. tappen oder Klänge) die Speicherung emotionaler Erinnerungen verändert werden können. Grob gesagt ist es wohl so, dass in extrem belastenden oder stressigen Situationen unser Gehirn mit der Speicherung überfordert ist und kurzerhand alles „einfriert“ (das ist natürlich eine Metapher).

Später reichen dann unsere normalen Verarbeitungsmechanismen nicht aus, um diesen massiven „Eisblock“ abzutauen. Alles bleibt, wie es ist. Flashbacks fühlen sich an, als sei man grade in der Situation, obwohl sie zum Teil sehr lange zurück liegt. EMDR scheint ein „antauen“ zu ermöglichen, so dass dann unsere Verarbeitungsmechanismen wieder imstande sind, zu übernehmen. Dann geschieht Verarbeitung oft in rasender Schnelle. Was – nebenbei gesagt – nicht angenehm sein muss.

[bctt tweet=“EMDR ist eines der erstaunlichsten Psychotherapieverfahren überhaupt. Gut, dass es inzwischen so viel Verbreitung gefunden hat.“ username=“claudiafrey“]

 

Warum wird EMDR nur bei Trauma genutzt?

EMDR ist zur Behandlung im Rahmen des deutschen Kassensystems nur zur Behandlung von PTBR (s. auch hier) zugelassen, und zwar ausschließlich bei Erwachsenen. Das heisst allerdings nicht, dass es nur gegen die Posttraumatische Belastungsstörung hilft. Es gibt viele Forschungsarbeiten, die belegen können, dass EMDR auch hier hilfreich ist:

  • in der Behandlung von Kindern und Jugendlichen
  • in der Behandlung von bestimmten Ängsten und Phobien
  • bei Zwängen
  • bei Depressionen, vor allem bei chronischen Depressionen

Insgesamt scheint es so zu sein, dass EMDR vor allem dann hilft, wenn sich die Symptome aufgrund einer traumatischen Erfahrung (z.B. ein Überfall oder eine schwere Demütigung) gebildet haben. Leider ist es noch nicht möglich, EMDR dann als Kassenleistung anzubieten. Dabei wäre dadurch meiner Meinung nach oft eine sehr gute, sehr schnelle und sehr gründliche Behandlung möglich.

Literatur (eine kleine Auswahl – es gibt unendlich viel):

  • Ostacoli L, Carletto S, Cavallo M, Baldomir-Gago P, Di Lorenzo G, Fernandez I, Hase M, Justo-Alonso A, Lehnung M, Migliaretti G, Oliva F, Pagani M, Recarey-Eiris S, Torta R, TumaniV, Gonzalez-Vazquez A, Hofmann A. (2018). Frontiers in Psychology (9).
  • de Voogd, L.D., Kanen, J.W., Neville, D.A., Roelofs, K., Fernández, G. & Hermans, E.J. (2018). Eye-movement intervention enhances extinction via amygdala deactivation. Journal of Neuroscience, 0703-18 (hier nachzulesen)

Foto: #214245309 | Urheber: kentoh, fotolia.de

Claudia Frey
Diplom-Psychologin, Psychologische Psychotherapeutin. Mehr ...

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