Wie beginnt eine Psychotherapie?

Psychotherapie als Kassenleistung muss immer vor der Behandlung bei der Kasse beantragt oder (in manchen Fällen) zumindest „angezeigt“ werden. Konkret sieht das (bei uns) meistens so aus:

Sie stellen sich zu einer Psychotherapeutischen Sprechstunde vor (Termine hierfür müssen in der Telefonsprechzeit vereinbart werden, hier). Eine Sprechstunde bietet 50 Min, in denen wir gemeinsam überlegen können, ob eine Therapie sinnvoll ist, welche Alternativen es möglicherweise gibt etc. Es ist – je nach Bedarf und je nach unseren aktuellen Möglichkeiten – möglich, bis zu drei Sprechstunden in Anspruch zu nehmen (mehr hier).

Sollte in der Sprechstunde gemeinsam entschieden werden, dass eine Psychotherapie angezeigt ist und wir Ihnen einen Therapieplatz anbieten können, können sich vier Probatorische Sitzungen anschließen (mehr hier).

In den Probatorischen Sitzungen soll die genaue Diagnose abgeklärt und ggf. ein Therapieplan überlegt und ein Therapieantrag gestellt werden. Letzteres ist allerdings nur möglich, wenn neben dem Leidensdruck auch die Entscheidung zur Veränderung getroffen wird – denn Psychotherapie bedeutet, sich auf einen Veränderungsprozess einzulassen.

All das sind Fragen, die Ihr/e Therapeut*in der Kasse gegenüber beantworten muss und deshalb vermutlich auch mit Ihnen diskutieren wird. Sie selbst sollten zudem darauf achten, ob Sie sich gut aufgehoben und gut informiert fühlen und Vertrauen zur/m Therapeut*in aufbauen können.

Denn das ist neben der Kompetenz ihrer/s Therapeut*in und Ihrer eigenen Motivation, etwas ändern zu wollen, ein wichtiger Aspekt einer gelingenden Psychotherapie.

Für privat Versicherte gibt es keine Sprechstunden. Was die genauen Möglichkeiten für Sie sind, müssen Sie bei Ihrer Kasse/der Beihilfe erfragen, das kann je nach Vertrag deutlich variieren.

Selektivverträge

Einige Kassen haben sich entschieden, ihren Versicherten attraktive Bedingungen für Psychotherapie bereit zu stellen, indem sie so genannte „Selektivverträge“ abgeschlossen haben. Diese Verträge ermöglichen oft einen schnelleren und unkomplizierteren Therapiebeginn. 

Folgende Kassen bieten ihren Mitgliedern derzeit Selektvbehandlungen für Psychotherapie an:

  • einige BKKen (erkundigen Sie sich gerne bei Ihre*m Sachberarbeiter*in)
  • AOK Baden-Württemberg im Rahmen des Facharztvertrags-Programms (genauer habe ich das hier erklärt) 

 

Entscheidung

Für Patient*innen bieten die Sprechstunden und/oder die Probatorischen Sitzungen die Chance, die Arbeitsweise und die Art der/s Behandler*in kennen zu lernen und sich danach aktiv für oder gegen die Therapie bei dieser/m Therapeut*in zu entscheiden – allerdings beginnt die eigentliche Therapie erst, nachdem die Genehmigung durch die Kasse vorliegt.

Sprechstunden und Probatorische Sitzungen dürfen Sie bei mehreren Therapeut*innen durchführen, bis Sie eine*n gefunden haben, bei der*m Sie sich eine Therapie gut vorstellen können.

Eine Überweisung von einer/m Ärzt*in ist für eine psychotherapeutische Behandlung grundsätzlich nicht notwendig, Sie müssen nur einmal im Quartal Ihre Versichertenkarte vorweisen. Wenn Sie im AOK-Facharztvertrag eingeschrieben sind, müssen Sie allerdings eine Überweisung mitbringen.

Wenn später einmal, warum nicht jetzt. Und wenn nicht jetzt, wie dann einmal später?

— Augustinus

Zahlen gesetzliche Krankenkassen Psychotherapie?

Wenn die entsprechenden Vorbedingungen erfüllt sind, übernehmen gesetzliche Kassen Psychotherapie:

  • Wenn eine „Störung gemäß den Psychotherapierichtlinien“ vorliegt. Das ist meist dann der Fall, wenn ein „Krankheitswert“ im Sinne des ICD-10 (einem internationalen Katalog von derzeit bekannten/anerkannten Erkrankungen) aufgeführt wird, z.B. Depressionen, Phobien, PTSD, Essstörungen.
  • Die Kassen zahlen nicht bei sogenannten „allgemeinen Lebensproblemen“, z.B. bei Partnerschaftskonflikten. Die genaue Einschätzung der Symptomatik kann Ihr/e Psychotherapeut*in in der Sprechstunde und/oder der Probatorik vornehmen.
  • Außerdem muss die Behandlung von einer/m kassenärztlich anerkannten (ärztlichen oder psychologischen) Psychotherapeut*in übernommen werden.

Wenn Ihre Kasse die Psychotherapie übernimmt, dann werden 100% der Kosten übernommen, Zuzahlungen gibt es bei Psychotherapien nicht.

Wie ist es bei Privatkassen?

Private Kassen übernehmen die Kosten für Psychotherapie meistens.

Allerdings gibt es inzwischen sehr verschiedene Verträge. Wenn Sie wissen wollen, ob und unter welchen Bedingungen Ihre Privatkasse Psychotherapie übernimmt, müssen Sie Ihren Vertrag daraufhin überprüfen, ob und in welchem Umfang Psychotherapie bei „Psychologischen Psychotherapeut*innen“ erstattet wird.

Wenn Sie als Privatpatient*in eine/n Psychotherapeut*in aufsuchen, wird sie/er Ihnen – wie jede/r Ärzt*in – am Ende des Quartals eine Rechnung schreiben, die Sie begleichen müssen, unabhängig davon, welchen Anteil Ihre Kasse trägt.

Claudia Frey
Diplom-Psychologin, Psychologische Psychotherapeutin. Mehr ...

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