… fragte vor vielen Jahren schon Paul Watzlawick, ein bedeutender Vertreter des so genannten „Konstruktivismus“. Konstruktivisten behaupten (unter anderem), dass die Realität als solche, als objektive Wahrheit, nicht existiert. Unsere Realität, so beschreibt und analysiert Watzlawick im entsprechenden Buch hängt viel mehr von unserer Wahrnehmung, unserer Interpretation der Welt und dem, wie wir sie sehen wollen ab, als von harten Fakten in der Außenwelt.

Gestern las ich das Gedicht über die bösen Knaben an der Börse, die mit Geld spielen, das sie nicht haben und dafür sogar einen Krieg in Kauf nehmen. Das Gedicht wurde Tucholsky zugeschrieben und auf 1930 datiert. Eine Wahrheit, die ich sofort als wahr akzeptierte.

Gleich darauf machte mich mein Mann und wenig später auch meine sehr geschätzte Kollegin und Internet-Freundin Heide Liebmann (die offensichtlich nicht so gutgläubig sind wie ich) darauf aufmerksam: Es handelt sich mitnichten um ein Gedicht von Tucholsky, eher um eine „urban legend„.

Was ist passiert? Wieso falle ich auf so was rein?
Spannende Frage. Finde ich.

Ich habe (wie zu befürchten ist: Nicht nur in diesem Fall!) meine Wirklichkeit so konstruiert, wie es zu mir, meinem Weltbild, meinem „inneren Filter“ passt. Und hätten mich aufmerksame Menschen nicht korrigiert, würde ich immer noch in der Gewissheit leben, dass Tucholsky 1930 etwas beschrieben hat, was perfekt auf uns heute passt (nebenbei bemerkt: Das Gedicht ist auch hübsch und passend ohne illustren Verfasser und ohne lange Vergangenheit. Aber es sagt natürlich als „urban legend“ etwas völlig anderes aus, als durch die vermeintliche Urheberschaft suggeriert wird).

Ich frage mich:
Was lerne ich daraus?

Zum Beispiel:
– Achtsamer sein
– Genau hinschauen
– Nicht vorschnell urteilen.

Claudia Frey
Diplom-Psychologin, Psychologische Psychotherapeutin. Mehr ...

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